Traumatherapie nach Peter Levin
„Ein Trauma ist die am meisten vermiedene, ignorierte, verleugnete, missverstandene und unbehandelte Ursache menschlichen Leidens. … Bei einem Trauma geht es kurz gesagt um den Verlust der Verbindung zu uns selbst, zu unserm Körper, zu unseren Familien, zu anderen Menschen und der uns umgebenden Welt.“ (Peter Levin, 2013: Vom Trauma befreien)
Stürze, Operationen, Verlust eines nahen Menschen, Unfälle, schwere Krankheiten, Missbrauch, Gewalt und Bedrohung, Katastrophen, Krieg können überwältigende Erlebnisse sein, die Nervensystem und Körper verletzen. Wiederholte, traumatischen Ereignisse führen zu einer ‚post-traumatischen Belastungsstörung‘ (PTBS). Nach Levin kann ein traumatisierendes Erlebnis dazu führen, dass die vom Körper im Alarmzustand zum Überleben bereit gestellte Energie vom Nervensystem nicht aufgelöst wird.
Die meisten Therapiemethoden berücksichtigen nach Levin diese Reaktionen in Körper und Nervensystem nicht, sondern – das ist eine Abweichung von gängiger, psychotherapeutischer Sichtweise – der Organismus reagiert weiterhin auf die Bedrohung der Vergangenheit. Die in der Gegenwart zu beobachtenden Reaktionen, Verhaltensmuster, Überzeugungen, Gedanken und Gefühle der Person sind noch mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit ‚überkoppelt‘. Dadurch entstehen für die Betroffenen oft verwirrende und beängstigende psychische und somatische Symptome. Diese zeigen sich eventuell erst Jahre später, bei einer PTBS in der Regel nach sechs bis sieben Monaten. Sie können als Übererregbarkeit, Überaktivität, jähzornige Wutausbrüche, Ängste, Panik, Depressionen, Gefühle von Entfremdung, Konzentrationsstörungen, Bindungsunfähigkeit, Schlafstörungen, Erschöpfung, chronische Schmerzen, Migräne, Nacken- und Rückenprobleme, Probleme mit dem Immunsystem, Burnout uvm. auftreten.
Zwar sind wir Menschen mit Regulationsmechanismen für die Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen ausgestattet, doch wird die Funktionsfähigkeit dieser vom Instinkt geleiteten Systeme häufig durch den „rationalen“ Teil unseres Gehirns außer Kraft gesetzt. Die Traumatherapie soll die, vom Körper im Alarmzustand zum Überleben bereit gestellte Energie, lösen und in meist körperlichen Reaktionen (Zittern, Erwärmung usw) abbauen. In der Behandlung werden die biologischen Prozesse schrittweise und langsam vervollständigt. So soll wieder Zugang finden zu angeborenen, lebenswichtigen Reaktionsmöglichkeiten gefunden werden.